Helmut Pum: Malen im Weltraum - über Fritz Walter Jetzinger
Künstler Helmut Pum schreibt über Fritz Walter Jetzinger. Der Artikel erschien im Ausstellungskatalog zur Ausstellung in Gmunden. Juli 2016.
1984 setzt Fritz Walter Jetzinger, alias Freiherr Moos von Mayrhofen, sein Projekt "Sänftenträgerei - der Künstler ist das Kunstwerk" in Wien, Schönbrunn, um. Eine, so wie er später erzählen sollte, total stillschweigende und schwermütige Prozession durch Wiener Kulturgelände.
1986 beantragt er beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 61, Rathaus, 1082 Wien, eine Namensänderung. Ab diesem Zeitpunkt trägt er den Künstlernamen Freiherr Moos von Mayrhofen. Die Verbundenheit mit dem landwirtschaftlichen Gut Mayerhofen seiner Heimatgemeinde Ort im Innkreis im Bezirk Ried in Oberösterreich, seine Naturverbundenheit und sein ihm in Jugendjahren verliehener Beiname "Moos" und schließlich der selbst auferlegte Adelstitel "Freiherr von", als Synonym für die Freiheit der Kunst, waren Zusammenspiel dieser seiner Entscheidung. In Kunstkreisen wirkte dieser Name fast anachronistisch und war eher kontraproduktiv beim Versuch, in der "Kunstszene" als freischaffender Künstler Fuß zu fassen. Nichts desto trotz erzählte er auf seine geradlinige Art mehr amüsiert als deprimiert Episoden, wo er gerade wegen dieses "Adelstitels" zu verschiedensten Treffen eingeladen und einbezogen wurde, bis zu dem Moment, als bei den betreffenden Gastgebern durchdrang, dass dies "nur" ein Künstlername war.
"Der Künstler ist das Kunstwerk" ist seitdem sein Credo und er beschreibt dies selbst mit den Worten: "…Da für mich die Umsetzung subjektiver Wahrnehmungen mit dem Medium der Malerei nur ein sekundäres Element meiner künstlerischen Tätigkeit ist, liegt das Hauptgewicht der Kunstmanifestation in der Bewusstseinsbildung, dass ich als Künstler selbst Kunstwerk bin. Hier greift die Idee Platz, dass das Subjekt (Künstler) der Gleichzeitigkeit des Objektes (Kunstwerk) in ein- und demselben Erscheinungsbild an dritte Personen zur Auseinandersetzung herangetragen wird." und "… Davon ableitend wird der immaterielle Wert des Künstlers mit dem materiellen Wert eines Kunstwerkes (Tafelbild) gleichgestellt. Vorrangige Kunstausübung ist darum die irreale Produktion von Bewusstseinsbildung."
Ab 1981 entwickelt er das Projekt "Space Painting"- Malerei in der Schwerelosigkeit des Weltalls. Bis 1994 hält er konsequenten Kontakt mit der National Aeronautics And Space Administration (NASA) in Washington, mit dem Ziel, sich im Space Shuttle ein Atelier einzurichten. Sein von ihm erstelltes Durchführungskonzept lautete folgendermaßen:
1. Präsentation des Konzeptes "Space Painting" anhand von Fotos über das Projekt Space Shuttle auf der 11. Biennale in Sao Paulo, Brasilien.
2. Kontaktaufnahme mit der NASA, die das Raumfahrtprojekt "Space Shuttle" durchführt und gleichzeitig Auslösung eines Bewußtseinsbildungsprozesses für "Space Painting" bei den zuständigen Behörden und Institutionen.
3. Malen in einem Simulator für Schwerelosigkeit bei den NASA/USA.
4. Flug mit dem Space Shuttle ins Weltall; Auseinandersetzung mit der physisch und psychischen Veränderung, - zweidimensionale Umsetzung der veränderten Umweltsituation.
5. Errichtung eines Ateliers für Space Art im Weltraum, wenn Raumstationen installiert worden sind.
Zum Thema Kunst im Weltraum erstellt Mario Jandrokovic 1988 einen Artikel über Fritz Walter Jetzinger, dazu ein charakteristischer Auszug zu dessen Zugangsweise und Rahmenbedingungen: "… Weiters werden die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf Medium und Material in Aussicht gestellt. In der Malerei führen diese neuen Bedingungen dazu, dass weder Künstler noch Farbe an die dem Gravitationsgesetz unterliegende Raumorientierung gebunden sind; oben und unten existieren nicht mehr. Noch vielversprechender erscheint das Vorhaben, das Vakuum außerhalb des Satelliten als Malgrund zu verwenden. Das Endprodukt ist in der Entgrenztheit des Alls räumlich nicht mehr fassbar, es entzieht sich konventioneller Wahrnehmungsschemen und setzt sich so über die herkömmliche Kunstpräsentation hinweg."
1984, mehr oder weniger parallel zu oben angeführten Projekten, zeichnet Fritz Walter Jetzinger in einer Nacht den Zyklus "Rosengarten", 207 kleinformatige Tuschezeichnungen. Zu dieser Serie hat er sich zu Lebzeiten nie geäußert, die Zeichnungen wurden bis dato auch noch nie gezeigt. Fritz Walter Jetzinger stirbt 2015 in Wien nach einem Schlaganfall. Seine Frau und Nachlassverwalterin Silva Jetzinger hat uns die Zeichnungen 32 Jahre nach ihrer Entstehung posthum für die Broschüre "Sequenzen per se" zur Verfügung gestellt, herzlichen Dank dafür.